Saxophonistin Bilder Natalie Marchenko Saxophonistin Bilder Natalie Marchenko Saxophonistin Bilder Natalie Marchenko
Biography

The Lady Is In The House
oder die schöne Seite der Globalisierung

Es ist zum allergrößten Teil aus Blech gemacht, zählt aber zu den Holzblasinstrumenten. Frauen lieben es zu hören, tun sich schwer damit es zu spielen. Das Saxophon, ein Instrument voller Gegensätze? "Nein, vielmehr eines voller Herausforderungen", erzählt Natalie Marchenko und kennt man ihre Geschichte, dann ist nachvollziehbar weshalb es ausgerechnet das Saxophon wurde, welches ihr Leben so nachhaltig beeinflusst.

Gomel, Belarus. In den 80er Jahren änderte sich einiges in Weißrussland, aber noch lange nicht alles. Das Fundament der Sowjetunion zeigte bereits tiefe Risse und wer die Musik des Klassenfeindes hörte, riskierte zwar nicht mehr automatisch in Ketten gelegt zu werden, aber noch war der Kommunismus allgegenwärtig. "Wir waren immer eine künstlerisch sehr aufgeschlossene Familie", erzählt Natalie. Die Mutter Architektin, der Vater Kunstmaler. Sie lebten ihre Form der Weltoffenheit. "Ich kann mich noch erinnern, dass meine Eltern mit Schreibmaschine geschriebene Zettel gelesen haben. Viel später habe ich dann erfahren, dass es selbstgetippte Übersetzungen westlicher Bücher waren, die es nur unter der Hand gab und die heimlich gelesen werden mussten, aber als kleines Kind macht man sich da keine Gedanken", erinnert sich Natalie heute, mehr als 20 Jahre später.

Mit vier Jahren machte sie ihre ersten Erfahrungen mit dem Klavier. Die großen Klassiker. An die Ohren der Vierjährigen drangen aber auch andere Klänge. "Voice Of America". Von "Drüben" schickten die Amis übers Radio Pop, Rock, Supertramp, Pink Floyd..." und vor allem Jazz... Dizzy Gillespie, Louis Armstrong in die Wohnung in Gomel, der zweitgrößten Stadt Weißrusslands. "Ich war zwar ein Kleinkind, damals, aber wenn ich heute von einem musikalischen Erweckungserlebnis sprechen kann, dann war es diese Musik, der Jazz und was damit zusammen hängt". Jazz bedeutet diese Symbiose von Spontaneität, eruptiv auftretenden musikalischen Erlebnissen und Freiheit. Keine andere Musik steht so sehr in Zusammenhang mit Freidenken - und vor allem dem Laufenlassen von Gefühlen - wie der Jazz. Zum 15. Geburtstag schenkten Freunde Natalie ein Saxophon: "Es war schwierig zu lernen es zu beherrschen", sagt sie, "denn Frauen atmen anders. Ich musste mich gegen die Natur stemmen. Es wurde eine Herausforderung die es galt anzunehmen. Mein Lehrer brachte es auf den Punkt, als er meinte, dass erst wenn ich das Saxophon nicht mehr als Fremdkörper empfinde, ich es dann erst geschafft habe. Heute kann ich mich über das Instrument ganz ohne Worte ausdrücken, es ist meine Verlängerung. Das Saxophon und ich, wir sind Eines". Natalie Marchenko ist Saxophon.
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Herausforderungen dieser Art gab es mehrere in ihrem Leben. Vom Westen aus betrachtet, sagt man der Sowjetzeit viel Dunkelheit nach. "So düster will ich das nicht sehen. Ich, für meinen Teil, hatte eine glückliche Kindheit. Musikschule, Tanz- oder Sportunterricht wurden auch vom Staat konsequent gefördert und ich bin sicher, dass ich davon heute auch partizipiere", erzählt die Künstlerin, die den Grundstein ihrer heutigen Karriere bereits in der Heimat legte. In Weißrussland hatte sie bald den Talente-Status überschritten, spielte zwei CDs ein und trat mehrfach im Fernsehen auf. Konzerte in Russland, Polen, der Ukraine folgten. Das Internet machte es möglich sich weltweit und ohne Grenzen zu präsentieren. Eine attraktive Frau spielt Saxophon, ein Instrument dem nicht ohne Grund eine gewisse Erotik nachgesagt wird. Diese Kombination aus Aug und Ohr war es, die einen Anruf aus Deutschland nach sich zog. "Im Jahr 2000 zog ich nach München und von dort aus spielte ich mich viele Jahre quer durch die Republik", erinnert sie sich. Cover Band. Jeden Abend Show, das volle Programm. Die harte Schule. Natalie sprach kein Wort Deutsch, verließ die Heimat, ließ Freunde und die Familie hinter sich und sprang ins kalte Wasser. Wieder eine Herausforderung und die brachte für sie nur zwei Möglichkeiten. Entweder : Oder. Oder stand für die Sachen packen und heimfahren. Entweder hieß spielen um Geld zu verdienen, das Studium zu vertiefen und die Träume in die eigenen Hände zu nehmen. "Ich habe bald gelernt dass ich mich auf mich selbst verlassen muss", sagt sie heute, knapp 10 Jahre später in lupenreinem deutsch.

Durchhaltevermögen, Ehrgeiz, der Wille es weiter zu bringen... Nur der Himmel ist das Limit. Die akademische Musikerin zählt heute zu einer der am besten gebuchten Show-Künstlerin des Landes. Es löst das Ohr ein, was das Auge verspricht. Natalie Marchenko ist auf ihre Art ein Gesamtkunstwerk, welches sich in einer von Reizüberflutungen gezeichneten Welt angenehm abhebt. Sie ist definitiv nicht die kleine Sexy-Biene die für die Show und die Fotografen ein wenig am Saxophon nuckelt... ganz großer Irrtum. Talent, Fleiß und Erfahrung haben das Saxophon und sie Natalie zu einem vor Rhythmus und Musik vibrierenden Ganzen werden lassen. Ihre Attraktivität und die Neugier sich ständig weiter entwickeln zu wollen, keine Angst vor Herausforderungen haben zu müssen, runden den Menschen, die Künstlerin Natalie Marchenko ab. Heute tritt sie auf der ganzen Welt auf, wird gerne für Produktpräsentationen gebucht, dann, wenn es darum geht Show und Kunst auf einen Nenner zu bringen. Das kann sie, darin ist sie nahezu unerreicht. Das Leben und ihre bisherigen Erfahrungen im Showgeschäft waren perfekte Lehrmeister.
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Natalie Marchenko ging vor kurzem einen nächsten, wichtigen Schritt ihrer Karriere. Eben hat sie ihre neue CD fertiggestellt. Titel: "Disco Gang". 21 Tracks, eingespielt in Zusammenarbeit mit Doug Laurent. Der Producer und die Saxophonistin ergeben die perfekte Kombination. Natalies Musik wird nicht in ein Genre-Ghetto gesperrt. Yes, natürlich, The Lady Is In The House, aber das Dargebotene reicht thematisch weit über Genregrenzen hinaus. Der Rhythmus ist das Fundament. Getanzt wird ab der ersten Sekunde, aber genauso wie im Club auf Ibiza oder der Türkei, entfaltet diese Musik ihre Magie im MP3-Player, im Auto, beim Joggen. Instrumentals mit Vocalbegleitung. Bekannte Songs wie "Careless Whisper", "Ladies Night" oder "Baker Street" wechseln sich mit eigenen Kompositionen ab. Es ist keine dieser aufdringlichen Tanzplatten mit dem Charme eines Presslufthammers, die man sich außerhalb eines Clubs nicht reinziehen will. Es ist auch keine dieser CDs die in kleinen, aufgemotzten Golfs die Subwoofer durch die Bodenplatten hämmert. Dazu hat die Platte zu viel Stil, zu viel moderne Eleganz. Dazu ist sie viel zu authentisch, unverwechselbar und vor allem ist sie musikalisch. Die Handschrift des Produzenten, der mit Künstlern wie Culture Beat, La Bouche, Alphabeat und vielen anderen die Dance-Music nachhaltig beeinflusst hat und das seltene Erlebnis einer Saxophon-Spielerin ergänzen sich perfekt.

Natalie aus Minsk ist heute auf der ganzen Welt zu hause. "Meine Freunde sagen immer, in meinem Kopf bin ich Deutsche, im Herzen Russin", erzählt sie, während sie gerade dabei ist, wieder die Koffer zu packen. Oh ja, eine Show in der Türkei steht an. Ein großer Club. "Die Menschen wollen tanzen und sobald sie meine Musik hören, dann tanzen sie", sprach's, lächelte dabei und war aus der Tür. Natalie und ihr Saxophon, das ist die schönste Seite der Globalisierung.

-Andy Zahradnik-
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